«Die Energiewende braucht eine klare, umsetzbare Strategie»

Die Energiewende findet ganz unten statt: in den Gemeinden, bei den regionalen Energieversorgern, zwischen Energiebezügern und Kleinproduzenten. Was das für ein regionales Versorgungsnetz bedeutet, war Gegenstand des Themenabends der solarlobby.ch in Nussbaumen.

Peter Abächerli Sirupmodell
Peter Abächerli von der EGS erklärte am Sirupmodell, wie sich die solare Leistung über den Tagesverlauf verteilt. Foto: Christian Keller

Der Anteil an elektrischer Energie aus nicht erneuerbaren Quellen ist heute sehr hoch. Die Energiestrategie 2050 des Bundes will das ändern. Die neuen erneuerbaren Energien Sonne und Wind werden massiv an Bedeutung gewinnen. Die heutige Netzinfrastruktur ist darauf nicht vorbereitet; sie ist dafür gebaut, konstante Energieströme von den Kraftwerken zu den Bezügern zu bringen. Das Netz der Zukunft wird mit grossen wetterbedingten Schwankungen im Tages- und Jahresverlauf umgehen müssen, vor allem wegen der unsteten Erzeugung mittels Sonne und Wind.

«Die Energiewende muss auf die regionale Ebene heruntergebrochen werden, damit sie fassbar wird», sagte Peter Abächerli, Verwaltungsratspräsident der Elektrizitäts-Genossenschaft Siggenthal (EGS). Sein Vortrag am gut besuchten Themenabend drehte sich um die Frage, wie ein Energieversorger mit den Leistungsüberschüssen umgehen könnte, die in seinem Gebiet bei Vollausbau der Fotovoltaik anfallen würden. «Sogar im Winter hätten wir an sonnigen Tagen Überschüsse am Mittag. Im Sommer könnte an manchen Tagen über Mittag der ganze Bedarf durch Energie aus Fotovoltaikanlagen gedeckt werden. Das Problem ist, dass die Energie bzw. die Leistung zur falschen Tageszeit zur Verfügung steht», so Abächerli. «Das Netz kann Energie nur transportieren, aber nicht speichern.»

Das Szenario «40 Prozent Solarenergie im Siggenthal» haben Studierende der ABB Technikerschule Energietechnik in einer Studie untersucht. Sie haben auf Basis regionaler Solarenergiedaten hochgerechnet, wann wie viel Energie zur Verfügung stünde, und nach Lösungen gesucht, wie diese Energie ins Netz integriert werden könnte. Eine Antwort fällt auf: Die Leistungsspitzen an sonnigen Tagen könnten allein durch kluge Steuerung der heute am Netz angeschlossenen Wärmepumpen und Boiler vollständig aufgefangen werden. Die überschüssige Energie würde also für die Aufbereitung von Warmwasser verwendet und so gespeichert. «Das Ergebnis hat uns überrascht», sagte der Fachmann von der EGS.

Natürlich macht es keinen Sinn, alle elektrischen Energieüberschüsse zum Wasserkochen zu verwenden. «Wir müssen die Energie dann nutzen, wenn sie da ist», brachte es Peter Abächerli auf den Punkt. Dazu brauche es Anreize durch dynamische Preise. «Auch Einschränkungen zu bestimmten Zeiten dürfen kein Tabu sein, um Engpässe zu überbrücken.» Die Energiewende sei für das Netzmanagement eine grosse Herausforderung, lautet Abächerlis Fazit. «Um sie zu meistern, braucht es eine klare Strategie, die auch umsetzbar ist. Davon sind wir noch weit entfernt.»

> Referat Abächerli und Studie der Technikerschule auf der Website der EGS